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Die Ausbreitung der Zeit

Beim Reisen erzeugt die stetige Verschiebung des Standpunkts eine qualitative Veränderung der Wahrnehmung: Die Flüchtigkeit des augenblicklichen Standpunkts wird so interpretiert, daß Wirklichkeit flüchtig ist. Die Welt wird nicht als konstant begriffen, sondern als sich stetig verändernd. Nicht nur ich verändere mich beim Reisen, auch die Welt ändert sich.

Die Form des klassisch gemalten Tafelbildes fordert den Betrachter auf, sich zur Betrachtung eines Bildes zu entscheiden, es als eine in sich geschlossene Darstellung einer ihm eigenen Wirklichkeit zu begreifen. Stelle ich dem Einzelbild ein anderes, es ergänzendes zu, so beginnt es, mit diesem zu kommunizieren. Der Blick hält aber nicht fest auf einem Einzelbild, er gleitet ab, die Aneinanderreihung der Bilder zieht den Blick in einen konstanten Fluß wandernder Betrachtung.

So erlebt der Betrachter die dargestellte Reise selbst wie ein Reisender: "im Vorübergehen". Die Dramaturgie beschränkt sich auf die vorgegebenen Mittel: die in ihrem Originalausschnitt als Grundlage der Komposition verwandten Fotos, die für die ganze Reihe festgelegte Horizonthöhe und die Vorauswahl der verwendeten Farben.

Die gemalten Bildtafeln sind das Protokoll einer Reise in zeitlich gedehnter Dimension. Der Unterschied zum Filmgedanken liegt darin, daß die Bildfolge nicht in zeitlichem Nacheinander gezeigt wird, sondern die Zeit selbst vor dem Betrachter ausgebreitet liegt. Diese Ausbreitung der Zeit wird verstärkt durch die Umsetzung der Fotos in einem malerischen Entwicklungsprozeß. Die zweite, malerische Reise überlagert die fotografische Reise mit einem gänzlich anderen, gedehnten Zeitbegriff.

Martin Triebswetter, 2003









Manhattan Island Circle Line Paintings

Komplette Umrundung der Insel Manhattan, aufgenommen 1993 von einem Schiff der "Circle Line Tours" und dessen Route folgend.

Manhattan Island Circle Line Paintings, 1997
170 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatten



Südliches Spreeufer Berlin

Südufer der Spree von der Oberbaumbrücke im Stadtteil Friedrichshain über die Museumsinsel bis zur Einmündung des Landwehrkanals am Westende des Tiergarten. Die Bilderfolge wurde an drei Tagen im Februar 2000 vom nördlichen Spreeufer aus aufgenommen. Parallel zur hier dokumentierten Serie entstand eine 44-teilige Auftragsarbeit für Clifford Chance Pünder in Berlin.

Südliches Spreeufer Berlin, 2000
42 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatten



Mittlerer Ring München

Der Mittlere Ring umrundet als autobahnänliche Ringstrasse den Stadtkern Münchens in einer Länge von ca. 25 km. Die Bilderfolge wurde an einem Tag im November 2001 von der stadtauswärts gelegenen Strassenseite mit Blick zum Stadtzentrum aufgenommen.

Mittlerer Ring München, 2001
130 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatten
Auftragsarbeit für Clifford Chance Pünder in München



Yenikapi Istanbul

Küstenlinie Istanbuls zum Marmara-Meer von Yesilkoy bis Sultanahmet. Die Bilderfolge wurde im September 2001 von einem Kai bei Yenikapi fotografiert.

Yenikapi Istanbul, 2002
7 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatte



Kennedy Caddesi Istanbul

Die Kennedy Caddesi wurde gebaut auf einem neu vorgelagerten Landstreifen zwischen Marmarameer und den historischen Stadtteilen südlich des Goldenen Horn. Sie verläuft parallel zur Eisenbahn, die ein Jahrhundert früher aus Platzmangel teilweise auf der antiken Seemauer errichtet wurde.

Vom Flughafen kommend führt die Kennedy Caddesi - am Beginn des Bosporus den Bezirk des Topkapi Palastes umrundend - zum Bahnhof Sirkeci, der Endstation des Orient-Express an der Mündung des Goldenen Horn.

Die Bilderfolge wurde an einem Tag im September 2001 aufgenommen, die Strecke dabei zu Fuss zurückgelegt.

Kennedy Caddesi Istanbul, 2002
63 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatten



Haliç Istanbul

Die Reihe beginnt bei der Schiffsanlegestelle in Eminönü, zeigt erst das Südufer des Haliç (Goldenes Horn) bis zu seinem Ende bei Eyüp, dann das Nordufer bis Karaköy. Weiter über den Bosporus nach Üsküdar, vorbei an Dolmabahce, Besiktas und Ciragan. Der Route des Schiffs folgend entfernt sich der Blick immer mehr vom europäischen Teil Istanbuls, um mit der Bogazici Köprüsü die Verbindung nach Asien zu beschreiben. Nach Üsküdar und der Leuchtturminsel Kizkulesi wird das Marmarameer mit den Prinzeninseln sichtbar.

Mit der Annäherung an das Topkapi Serail endet die Serie wieder an der Anlegestelle von Eminönü und stellt so einen geschlossenen Kreis dar. Die Bilderfolge wurde im September 2001 vom Schiff aus aufgenommen.

Haliç Istanbul, 2003
110 - teilig
Grösse je 45 cm x 30 cm, Öl und Pigment auf Holzfaserplatten



© Martin Triebswetter